Rabenwind
Poesie von Sascha Besier

RABENWIND-BLOG

Blog von Sascha Besier: Gedichte, Kurzgeschichten, Aphorismen, Bonmots und mehr. Ich freue mich über einen Kommentar.


2022-04-06

Clark Ashton Smith Band II (Festa Verlag)

Klarkash-Ton II.

Hierbei handelt es sich um Band 2 der geplanten 6-bändigen Reihe, die alle Erzählungen Clark Ashton Smiths umfasst. Wer also hier gelandet ist und von Band 1 weder gehört noch gelesen hat oder wem vielleicht der Autor noch unbekannt ist, dem sei meine Rezension zum 1. Band empfohlen, da ich hier nicht alles wiederholen, sondern nur auf diesen Band eingehen sowie voraussetzen werde, dass der Autor bereits bekannt ist.

Link zur 1. Rezi: Hier klicken

War ich nach dem ersten Band bereits restlos von Smith überzeugt, so bin ich es nach der Lektüre dieses Bandes umso mehr. Es ist schier unglaublich, wie vielseitig der Mann war, sowohl vom Inhalt seiner Geschichten her als auch von deren stilistischem Aufbau. Versammelten sich im vorigen Band in der Hauptsache Geschichten, die mehr auf ihre poetische Wirkung ausgelegt und fast durchweg von feiner aber doch deutlicher Ironie durchzogen waren, liegt der Schwerpunkt der Geschichten dieses Bandes mehr in der Handlung, in denen die Ironie wesentlich versteckter ist (manchem Leser mag sie vielleicht gar nicht auffallen). Natürlich heißt das alles nicht, Smith hätte hier keinerlei poetische Wirkung oder sein typisches Sprachornament hineingepackt, es ist alles bloß weniger offensichtlich.

Dieses Mal sind die Science-Fiction Anteile in den Geschichten deutlich höher. Wobei man dazusagen muss, dass Smith niemals reine Science-Fiction geschrieben, sondern sie stark mit Phantastik gemischt und sie damit mehr als Vehikel für seine Ideen und Ironie verwendet hat. Hier spielen gleich drei Geschichten auf dem Mars (Smiths Mars-Zyklus), eine auf dem Merkur, im Antares-System und es geht einmal quer durchs Universum bzw. durch die Zeit. Gerade dieser Gedanke Smiths zeigt schon ein sehr fortschrittliches und vorausschauendes Denken. Machte H.G. Wells in seiner „Zeitmaschine“ schon mit bestechender Logik deutlich, dass man sich ausschließlich durch die Zeit, aber nicht durch den Raum bewegt, so wird er hier von Smith in seine Schranken verwiesen. Denn Smith vollzieht den nächsten Gedankenschritt, der eigentlich jedem klar sein muss: Das Universum ist in ständiger Bewegung, somit auch seine Sonnensysteme und Galaxien. Reist man also mit einer Zeitmaschine und verbleibt logischerweise an derselben Stelle, wird man nicht etwa auf der Erde an derselben Stelle in einem anderen Zeitalter landen, sondern an derselben Stelle im Raum. Da kann man durchaus mitten im Weltraum oder gerne mal auf einem anderen Planeten landen (je nachdem, wie weit man in der Zeit reist). Andernfalls müsste man ja bei einer Zeitreise an die Gravitation gebunden sein, was wohl kaum der Fall sein dürfte. Auf diese Weise hat Smith wunderbare weiterführende Gedanken eingebracht, aber eben auch ironische Kritik an den damals (und wohl heute auch noch) gängigen Ideen und vor allem strikten Genreregeln der Science-Fiction geübt. Auf die Art ist überhaupt in diesem Band seine Ironie zu verstehen, deshalb auch weit weniger offenbar als noch in den Geschichten der ersten Geschichtensammlung des Festa Verlags.

Außerdem findet der Leser hier noch Geschichten, die wesentlich deutlicher der Phantastik, wie man sie erwartet, zuzuordnen sind, da sie thematisch Richtung Horror gehen. Eine Geschichte ist sogar Lovecraft selbst gewidmet, nämlich „Die Epiphanie des Todes“. Lovecraft-Kenner werden in der Charakterisierung des Tomeron deutlich den Meister erkennen – natürlich in ironisierter Form (auch Lovecraft selbst war von dieser Widmung sehr angetan). Ebenso bekommt man es in einer anderen Geschichte mit einem Ghul zu tun, welche von einem Textauszug aus dem Necronomicon eingeleitet wird (den sich Smith übrigens selbst ausgedacht hat). Die meiner Ansicht nach beste Geschichte dieser Art ist „Die Knospen des Grauens“; einfach, weil sie auf einer originellen Grundidee basiert, die zudem sprachlich und stilistisch so ausgefeilt erzählt wird, dass Ekel und Grauen mehr als spürbar werden.

Die Geschichten dieses Bandes sind also:

Die unentdeckte Insel
Das Ungeheuer aus der Prophezeiung
Der Brief aus Mohaun Los
Das Gorgonenhaupt
Die Epiphanie des Todes
Eine nekromantische Geschichte
Die Unsterblichen des Merkur
Ein Leichnam zuviel
Die namenlose Ausgeburt
Die Knospen des Grauens
Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis (Mars-Zyklus)
Der Herrscher der Tiefe (Mars-Zyklus)
Vulthoom (Mars-Zyklus)

An dieser Stelle ist noch erwähnenswert, dass die Geschichten des Mars-Zyklus‘ keine aufeinanderfolgende Handlung haben, also in sich selbst abgeschlossen sind. Nichtsdestotrotz bauen sie durch ihr Szenario sowie durch die geschaffene Welt und Kultur der Marsianer aufeinander auf. Ich dachte noch so beim Lesen, dass sich John Carpenter für seinen „Ghosts Of Mars“ bei Smith inspirieren ließ. Wobei diese Bemerkung nicht den Anschein erwecken soll, dass Carpenters Werk von der Handlung her ähnlich wäre. Das ist es weder qualitativ noch erzählerisch, aber eben gewisse Ideen von Smith dürften eingeflossen sein. Das aber nur am Rande.

Zu schade jedenfalls, dass Smith den Zyklus nicht weitergesponnen hat, weil die Verleger die Geschichten als zu eklig oder grauenhaft und somit als dem gemeinen Leser nicht zumutbar einstuften. Aus heutiger Sicht natürlich ein Witz.

Damit sind wir wieder bei den großartigen Hintergrundinformationen, die der Verlag bei dieser Buchreihe bietet. Hier nicht mehr ganz so umfangreich vorhanden wie noch im ersten Band, aber absolut ausreichend.

Der Mars-Zyklus wird durch Will Murrays Text „Der Mars-Zyklus von Clark Ashton Smith“ eingeleitet und gibt hervorragende Hintergrundinfos über die Entstehung, das Anliegen und was es sonst noch dazu zu wissen gibt.

Außerdem hat man noch „Erinnerungen an Klarkash-Ton“ von E. Hoffman Price beigefügt, einem Schriftstellerkollegen und Freund von Smith. Hier erfährt man einiges an Privatem über Clark Ashton Smith aus der Sicht eines Freundes. Ein wirklich liebevoller Bericht, der einem zumindest ein bisschen den Menschen hinter den Geschichten nahebringt.

Abschließend findet der Leser (wie schon im ersten Band) Anmerkungen zu den Erzählungen, die ebenfalls sehr erhellend sind und lohnenswerte Informationen in allen Bereichen enthalten.

Bleibt wieder nur etwas über das Material und die Buchbindung zu sagen. Hier gibt es nichts zu meckern, denn wie schon beim Vorgänger ist all das ordentlich und mit einem lederartigen Papierumschlag ummantelt sowie mit einem Lesebändchen versehen.

Wem also bereits Band 1 gefallen hat, kann hier bedenkenlos zugreifen. Ich freue mich jedenfalls sehr auf folgende Bände, da ich sehr gespannt bin, wie weit die Vielseitigkeit und vor allem überbordende Phantasie von Klarkash-Ton noch reicht.

© Sascha Besier

Admin - 17:21:32 @ Rezensionen | Kommentar hinzufügen